DIALOG DER GÄRTEN

Kulturnatur für Herford

 

Unter Beachtung der historischen Schichten im südlichen Bereich aus Bastionsanlage, Villen- und Museumsgarten entsteht zusammen mit dem Naturgarten im Norden eine zukunftsfreudige sich öffnende Gartenlandschaft, die im engen Dialog einen grünen, resilienten und erholsamen Mehrwert für Herford schafft. 

 

Idee

Der Entwurf greift Potentiale des reichhaltigen Fundus an gewachsenen Strukturen aus den Bastionsanlagen des 17. Jh., des Villengartens aus dem 19. Jh. und des Erweiterungsbaus aus den 1970er Jahren auf. Dabei wird zusammen mit dem neuen Natur- und Zukunftsgarten im Norden ein spannendes nutzungsoffenes Paket für Alle geschnürt, das im Wechselspiel zwischen ablesbaren historischen Spuren und neuen Impulsen Lust auf Neues auf tragfähigen Fundamenten macht.

Der öffentliche Stadtraum um das Städtische Museum erhalten eine neue identitätsstiftende und zusammenhängende Gestaltung, die sich harmonisch und selbstverständlich in den städtebaulichen Kontext einfügt und entlang der Wallpromenade einen attraktiven grünblauen Baustein bildet.

Dabei gehen der revitalisierte Museumsgarten und der neue nördlich angrenzende Naturgarten ein spannendes Wechselspiel zwischen Vielfalt und Einheit ein. Beide Gärten werden formal durch einen Rundweg gebildet, der ein zentrales Rasenrondell (Museumsgarten) und einen Kräuterrasen (Naturgarten) rahmt.

Inhaltlich und topografisch unterscheiden sie sich jedoch: Während beim Museumsgarten die historische und kulturelle Schichtung aus Bastion, Villengarten und Museumsprägung herausgearbeitet wird, stehen beim neuen Wallgarten eine naturnahe, klimagerechte und zeitgemäße Hanggestaltung zum Stadtgraben und eine hohe Aufenthaltsqualität im Vordergrund. Die im städtischen Kontext wichtige Wegeverbindung in Ost-West-Richtung mit Brückenquerung über den Stadtgraben fungiert zusammen mit dem Eingangsbereich des Städtischen Museums als verbindende Klammer beider Gärten.

Museumsgarten

Der Museumsgarten erhält unter Würdigung seiner historischen Schichten und denkmalschutzfachlichen Aspekten einen einheitlichen Gartencharakter. Dies wird vor allem durch eine prägende Wegeführung, einer einheitlichen Materialität, einem Auslichten des Strauchbestandes und einer transparenten Raumbildung mit vielen Sichtbezügen erreicht. Auch das Pflanzkonzept unterstreicht die historischen Schichtungen, indem es entlang der Wallpromenade das vorhandene wegbegleitende Staudenband aufgreift und eine repräsentative Adresse ausbildet und in Richtung Westen in eine dem Charakter des Ortes folgenden extensiven naturnahen Bepflanzung übergeht.

An die ursprüngliche Bastion erinnern folgende Elemente:

– Die Topographie mit ihren Böschungen wird beibehalten und herausgearbeitet.

– Der Stadtgraben bleibt als linearer Wasserlauf unter Berücksichtigung hochwasserschutztechnischer Aspekte wie im Bestand erhalten.

– Als neues Element wird die Bastionsspitze durch einen platzartigen Balkon (schwebende Stahlkonstruktion) erlebbar herausgestellt.

– Das Freilegen von Sichtachsen und das Auslichten der Strauchschicht unter Berücksichtigung der vorhandenen Bäume macht die Topographie erlebbar.

Der Charakter des ehemaligen Villengartens wird behutsam herausgearbeitet:

– Das ursprüngliche Gartenparterre mit wassergebundenem Rundweg wird wieder als Herzstück des Gartens hergestellt.

– Der alte und ortsbildprägende Baumbestand bleibt in Gänze erhalten.

– Entlang der Wallpromenade entsteht ein adressbildendes neu interpretiertes Mixed Border aus Rhododendren, Azaleen, robusten Stauden und Nutzpflanzen, die den Charakter des ehemaligen Villengartens herausarbeiten und in die Zukunft überführen. Weiter Richtung Westen sorgen eine Geophytenwiese sowie schattenverträgliche Stauden, Gräser und Farne für einen sanften Übergang in den gewachsenen extensiveren ‚verwilderten‘ Gartencharakter.

– Der Garten erhält zur Wallpromenade eine transparente Einfriedung durch einen Metallzaun (Höhe ca. 1,20m), um den halböffentlichen Charakter des Gartens zu unterstreichen. Einblicke aus dem Garten bzw. von der Wallpromenade in den Garten sind somit gegeben. Orientierung und soziale Kontrolle bleiben erhalten.

– In Reminiszenz an die ehemalige Grotte wird beim neuen Bastionsbalkon ein intimer Ort mit Sitzmöglichkeit geschaffen.

Eine zukünftige intensive Nutzung des Gartens für Museumsthemen und Veranstaltungen wird gewährleistet:

– Die beabsichtigte semitransparente Einfriedung, inkl. Tor, zur Wallpromenade sorgt dafür, dass geschlossene Veranstaltungen abgehalten werden können.

– Eine befestigte Cafè-Terrasse entsteht am gartenseitigen Foyerausgang unterhalb der Treppe. Der Restaurationsbereich kann sich bei Bedarf auf die angrenzenden Wege- und  Rasenflächen ausdehnen. Der Mühlsteinbrunnen wird versetzt.

– Ein barrierefreier Zugang wird durch eine Rampe am gartenseitigen Ausgang gewährleistet.

– Das „Halbrund“ am Oesterlen-Anbau kann wieder für Veranstaltungen und Objektpräsentationen genutzt werden.

– Die vorhandenen Kunstobjekte bleiben an ihren bestehenden Standorten.

– Der funktionale Belag aus Betonsteinpflaster im Haupteingangsbereich im Norden bleibt im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten und wird zur Orientierung durch hochwertige Pflasterstreifen mit Schriftzügen im Bodenbelag ergänzt. Die Adressbildung entlang der Wallpromenade und der ost-westlichen Verbindung wird hierdurch gestärkt.

– Durch das moderate Versetzen der neu gepflanzten Linde an der Wallpromenade wird der Entrée-Bereich mit Gelenkfunktion gestärkt. Eine neue mediale und interaktive Stele sorgt an dieser Stelle für den intensiven Austausch mit der Stadtgesellschaft.

Naturgarten

Der westexponierte Naturgarten wird durch seine Hanglage geprägt. Erschlossen wird der Garten einerseits von der Wallpromenade und anderseits vom Eingangsbereich des Museums, d.h. der Wallgarten ist sowohl der Wallpromenade als auch dem Museum zugeordnet. Zwei Treppenanlagen und eine in den Hang integrierte barrierefreie Rampenanlage ermöglichen eine unmittelbare Erlebbarkeit des Stadtgrabens und fügen sich zu einem Rundweg zusammen. Kleine platzartige Aufweitungen sind mit Sitzelementen aus robusten Eichenholz-Planken versehen. Der zentrale artenreiche Kräuterrasen wird zusätzlich durch ein Sitz- und Sonnenliegenelement ergänzt.

Die Rampen und Wege bestehen aus einer wassergebundenen Wegedecke mit Stabilisator, die nicht erodiert und evtl. Überschwemmungen standhält.

Die Vorhandene gartentypische Einfriedung an der Wallpromenade bleibt erhalten und wird saniert. Im Bereich der ehemaligen Zufahrt entsteht ein Aussichtbalkon, der das schon vorhandene erlebnisreiche Angebot der Wallpromenade ergänzt.

Die abwechslungsreiche standortgerechte Bepflanzung setzt sich aus insekten- und vogelfreundlichen Bäumen (Schnurbaum, Eisenholzbaum) zusammen, die den klimatischen Herausforderungen der Zukunft gewappnet sind, sowie aus pflegeextensiven Pflanzungen aus Gräsern, Stauden und Blühwiesen. Entlang der Hangpflanzungen runden Wildrosen das Bild des Naturgartens ab. Es entsteht ein spannungsvolles Wechselspiel zwischen „Oben auf der Wallpromenade“ und „Unten am Stadtgraben“.

Im Bereich des Naturgartens setzt der Entwurf bewusst auf nutzungsoffene erlebnisreiche Räume ohne explizite Aktivitätsangebote wie zum Beispiel konkrete Kinderspielelemente. Der Naturgarten soll einen robusten Raum zur freien Aneignung und Entfaltung bieten.

Um den Bedürfnissen nach sozialer Kontrolle und Sicherheit gerecht zu werden, wird der Museumsgarten mit Pollerleuchten ausgeleuchtet. Der Naturgarten wird im Bereich der Treppen- und Rampenanlagen sowie in den Aufenthaltsbereichen funktional durch insektenfreundliche Mastleuchten ausgeleuchtet. Inszenierendes Licht in Form von Bodenstrahlern oder Fassadenbeleuchtung wird im Sinne des Naturschutzes vermieden.